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Seit nunmehr 25 Jahren gehört eine Plattenfirma aus Hamburg zur internationalen Weltspitze der Dance-Musik: Kontor Records. 1996 gründete Jens Thele das Label, das nicht nur mit Künstlern wie Scooter, ATB oder Lost Frequencies Charts-Geschichte geschrieben, sondern auch als Unternehmen immer wieder Impulse in einer sich rasant verändernden Kultur- und Kreativwirtschaft gesetzt hat. Ob Digitalisierung, Globalisierung oder das Gründen eigener Vertriebs-, Verlags- oder Booking-Einheiten und dem Aufbau des Unternehmens als eigenständige Marke: Kontor Records war in dem Vierteljahrhundert stets Vorreiter. Eine besondere Rolle spielt dabei das Kontor-Team: kreativ, kompetent und kollegial – wenn zum Beispiel der wichtigste Künstler des Labels von Anfang an zugleich auch Mitgesellschafter ist.

Ein Kontor ist etwas zutiefst Hanseatisches. Und weil es einst eine Niederlassung von Kaufleuten der Hanse im Ausland bedeutete, war damit zugleich aber auch die Bezeichnung von Hamburg als Tor der Welt angelegt. Beides – die hanseatische Verwurzelung und das weltweite Handelsgeflecht – gilt auch für ein vor 25 Jahren in Hamburg gegründetes Dance-Label, das eben auf den Namen Kontor Records hört. Dass man heute von Miami bis St. Petersburg, von London bis Rio de Janeiro und natürlich von Hamburg bis München Kontor Records, seine Veröffentlichungen und Künstler kennt und schätzt, war 1996 freilich noch nicht abzusehen – auch wenn der Gründer, der am 20. Dezember 1967 in Hamburg geborene Jens Peter Thele, bereits damals große Pläne hatte.

Zwar wird Thele nicht müde zu fordern, den Erfolg von Kontor Records doch bitte als Team-Leistung zu werten, aber am Anfang einer Unternehmung braucht es eben doch einen Unternehmer, der eine Vision und auch den Mut hat, diese umzusetzen. Und Jens Thele ist so ein Mensch: Nach einer Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann forcierte der Musikliebhaber seine Schritte im Musikgeschäft. Er arbeitete als Filialleiter des angesehenen Schallplattenladens Tractor in Hamburg und wechselte dann auf die andere Seite des Tresens, als er von 1992 bis 1995 bei Edel im Telesales tätig war, wo er die nach einer von ihm mit Boris Dlugosch moderierten Radiosendung benannten Dance-Abteilung Club Tools gründete. Es war bei Edel, dem späteren Vertriebspartner und Anteilseigner von Kontor, wo Thele das Musikgeschäft von der Pike auf lernte. Und es war hier, wo der Zufall Schicksal spielte und ihn mit einem anderen Vertriebsmitarbeiter, dem Telesales-Manager Hans-Peter Geerdes zusammenbrachte. Noch während der gemeinsamen Zeit bei Edel feierten Thele und Geerdes, der sich H.P. Baxxter nannte, beachtliche Erfolge (dazu später mehr).

Von 1995 bis 1997 wechselte Thele allerdings als Senior A&R zu Urban Records, einer Division des Weltmarktführers Universal Music, dessen deutsche Dependance damals noch in Hamburg war – „ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte“. Beim Major sammelte Thele weitere Erfahrungen und Erkenntnisse, wie das Musikgeschäft läuft, die ihm dann bei seinem nächsten Schritt weiterhalfen.

Denn Thele, der sich schon früh auch als DJ einen Namen gemacht hatte, wollte etwas Eigenes, und mit dem Kontor-Club in einem altehrwürdigen Kontorhaus in der Hamburger Innenstand tauchte 1995 erstmals jener Name auf, der bald weltweit für Dance-Musik, Techno und House aus Deutschland stehen sollte. Der Club lief gut, hier konnten er und andere DJs neue Produktionen testen. Zudem stand die Diskothek für die enge Beziehung zur sich ständig weiterentwickelnden Musik aus, für und in den Clubs, die auch für das Label den entscheidenden Impuls liefern sollte. Denn nur wenige Monate nach Gründung des Clubs Kontor trug Thele auch Kontor Records ins Hamburger Handelsregister ein. Obwohl die erste Veröffentlichung, die Single „Drop The Gun“ von D.O.N.S., nur eine Woche auf Platz 100 in den Offiziellen Verkaufscharts verblieb und es noch ein paar Jahre dauern sollte, bevor aus Position 100 ein Platz eins wurde, folgten bald größere Erfolge. Das Label habe vom ersten Tag an profitabel gearbeitet, betont Thele ganz in der Tradition eines hanseatischen Kaufmanns. Und nach regionalen Acts bauten Thele und sein damals noch überschaubares Team den Künstlerstamm beständig aus. Ausgerechnet mit einem jungen DJ und Produzenten aus Bochum, André Tanneberger alias ATB, holte Kontor Records dann zum ersten großen Schlag aus. Sein Track „9 PM (Here I Come)“ landete 1998 in Deutschland auf Rang 14, und in Großbritannien zog er das ganz große Los: Als einer der ganz wenigen deutschen Künstler schaffte es ATB mit seiner Produktion ganz nach oben: 600.000 verkaufte Einheiten, Number One! Der Track hat zudem auch musikalisch eine ganz besondere Bedeutung für Kontor Records, steht das so tanzbare wie eingängige Stück doch für einen erfolgreichen Crossover aus Club- und Popmusik. Das Label sollte auch später immer ein Händchen dafür haben, Tracks auf den Markt zu bringen, die ihre Herkunft aus dem Club nicht verleugnen, aber melodisch so stark sind, dass sie auch im Mainstream bei Pop-Fans bestens ankommen.

Neben ATB und dem umtriebigen DJ- und Produzentenduo Blank & Jones glückte dem Kontor-Team 1998 noch ein weiterer Coup: Scooter. Die 1993 zunächst unter dem Namen The Loop gegründete Formation, die Techno-Sounds und die damals aufblühende Club- und DJ-Kultur auf einen chartsträchtigen Nenner brachte, konnte da bereits auf eine längere Geschichte zurückblicken. H.P. Baxxter, einst Fan von so unterschiedlichen Musikern wie Ritchie Blackmore von Deep Purple und Dave Gahan von Depeche Mode, hatte den Keyboarder Rick J. Jordan über eine Musiker-Kleinanzeige kennengelernt und mit ihm die mittelprächtig erfolgreiche Formation Celebrate The Nun ins Leben gerufen. Doch erst mit dem Namen Scooter, ersten Remixen, der ersten Single „Vallée De Larmes“ und dann vor allem dem europaweiten und genreprägenden Titel „Hyper Hyper“ begann die ganz große Erfolgsgeschichte von Scooter. Vom ersten Tage bei Scooter mit dabei: Jens Thele. Er erzählte später, dass es eine spontane Entscheidung bei einer Band-Fotosession gewesen sei, im wahrsten Sinne des Wortes einen Schritt zur Seite zu gehen, um fortan als Manager sowie Co-Produzent im Geschäftlichen wie Kreativen die Fäden zu ziehen. Im Vertriebsteam von Edel, wo Thele und H.P. Baxxter sich über den Weg gelaufen sind, haben sie oft, wie sie heute schmunzelnd verraten, ihre eigenen Scooter-Platten den Händlern schmackhaft gemacht und verkauft. Und diese Partnerschaft hält bis heute – im Persönlichen wie im Geschäftlichen. So ist H.P. Baxxter seit 25 Jahren Mitgesellschafter und Partner bei Kontor Records.

Und Jens Thele blieb Scooter als Manager und Co-Prodzent erhalten, auch als er mit Kontor Records den Schritt in die Selbständigkeit gewagt hatte. Doch mit dem Wechsel von Scooter von Edel zu Kontor Records auf das eigens geschaffene Sublabel Sheffield Tunes hievte der Labelchef und sein Team die Formation auf eine neue Ebene. Bis heute eilen Scooter ungeachtet einiger Besetzungswechsel von Erfolg zu Erfolg und schreiben dabei Musikgeschichte. So eroberten Scooter 2002 mit „Nessaja“ erstmals in der Kontor-Geschichte Platz eins der deutschen Singles-Charts, wobei gleichzeitig in einer denkwürdigen Konstellation die beiden Kontor-Acts Jan Wayne und Mad‘House auf Rang zwei und fünf standen. Die zweite Nummer eins für das Label folgte dann umgehend: Denn Mad’House verdrängten Scooter mit ihrer Version des Madonna-Hits „Like A Prayer“ bereits in der nächsten Woche vom Charts-Thron auf Rang zwei.

Jens Thele über Scooter: „Scooter sind generationsübergreifend. Wir freuen uns sehr, wenn wir sehen, dass bei den Konzerten immer auch neue und ganz junge Fans hinzustoßen, während gleichzeitig die Fans, die von Anfang an dabei sind, auch mit der Band alt werden – wobei das für H.P. nicht so richtig zutrifft: Denn er wird einfach nicht alt …“

Dabei spricht es für das Geschick, den Weitblick, aber auch das richtige A&R-Näschen von Kontor Records, sich den immer schneller wandelnden Musik-Moden und Geschmäckern anzupassen – und auch selber Trends zu setzen. Denn der Boom von Dance-Musik aus Deutschland, der in den späten 90er-Jahren einen neuen Höhepunkt erreicht hatte, klang in den Nuller Jahren ab, wodurch auch viele Dance-Labels verschwanden. Auf den internationalen Fachkonferenzen wie dem Amsterdam Dance Event sprach man gar von einer Krise der Dance-Musik und suchte nach Lösungen. Zu denjenigen Firmen, die solche Lösungen anboten und umsetzten, gehörte auch Kontor Records. Das Label spielte dann auch wieder ganz oben mit, als in den Zehner Jahren Dance-Musik, oder Electronic Dance Music, wie man das Genre international inzwischen meist nannte, nicht nur erfolgreicher als jemals zuvor wurde, sondern regelrecht zur zeitgenössischen Form von Pop-Musik wurde.

Aber auch in den Jahren, als es um Dance-Musik nicht so gut bestellt zu sein schien, brauchte sich Kontor Records niemals ernsthaft Sorgen zu machen. Das lag zum einen daran, dass Thele und sein Team neben dem schnelllebigen Track-Geschäft immer auch auf langfristigen Künstleraufbau gesetzt haben. Ein Beispiel für die Förderung von jungen Talenten ist Michael Simon, der einst mit Shahin & Simon die zweite Kontor-Single überhaupt veröffentlicht hatte und später als Nachfolger von Jay Frog bei Scooter einstieg. Zum anderen stellte sich das einst als reine Plattenfirma gestartete Unternehmen Kontor Records auch strategisch im neuen Jahrtausend zunehmend breiter auf. So gründete Thele 2003, als erkennbar wurde, dass man mit Dance-Singles allein eine Firma mit inzwischen knapp 30 Mitarbeitern nicht mehr am Leben erhalten konnte, aus der ehemaligen New-Media-Abteilung von Kontor Records die digitale Vertriebsfirma Kontor New Media, geleitet neben Thele von Michi Pohl, einem alten Freund Theles aus Hamburger DJ-Tagen.

Das 2006 als eigenständiges Unternehmen ausgegliederte Profit-Center gehört zwar gesellschaftsrechtlich nicht mehr zu Kontor (auch wenn man einträchtig im selben Bürogebäude sitzt und kurze Dienstwege pflegt), trägt aber als Digitalvertrieb für alle Kontor-Veröffentlichungen nach wie vor zu den Erlösen von Kontor Records bei. Heute ist Kontor New Media ein weltweit etablierter Digitaldienstleister und Vertrieb von gut 1000 Labels – und dies nicht nur im Dance-Bereich, sondern in allen Musikgenres sowie Film, TV und Audiobook.

Auch im Musikverlagsgeschäft war Kontor Records von jeher tätig, zunächst mit Loop Dance Constructions, 2018 wurde Sheffield Communications Publishing gegründet. Die Leitung hat Kontor-Urgestein Gareth Davies übernommen – zusätzlich zu seinen Aufgaben als Head Of International bei Kontor Records. Und auch beim Verlagsgeschäft kommt der Familiengedanke von Kontor zum Tragen: Denn mit Kontor Records als Label und Kontor New Media als Vertrieb finden sich mächtige Partner, die einem Autor auch gleich zu einer Veröffentlichung verhelfen können, nur ein paar Bürotüren weiter. So verwundert es dann auch nicht, dass viele bekannte Gesichter von Kontor Records – Künstler wie Mitarbeiter – ihr Verlagszuhause bei Sheffield Communications Publishing gefunden haben, darunter ATB, H.P. Baxxter oder Sono sowie Markus Gardeweg, Jan Benkmann, Jerome und Hagen Feetly.

Als weiteres Standbein gründete Kontor Records darüber hinaus eine eigene Booking-Abteilung. Früh erkannte Kontor Records die Relevanz des Livegeschäfts und richtete etwa die „Kontor Top Of The Clubs“-Tourneen aus. 2015 kam es zu einer weiteren Neugründung. Unter dem Namen No Deals With Assholes Consulting & Management kümmerte sich die Agentur etwa um das Künstlermanagement des DJ-Duos Gestört aber GeiL.

Und auch der stark voranschreitenden Digitalisierung trug das Unternehmen früh Rechnung: Bereits 2006 – nur ein Jahr nach Gründung von YouTube – erfolgte der Start von Kontor.TV, dem offiziellen YouTube-Kanal des Labels. Dort laufen regelmäßig die offiziellen Musikvideos der Kontor-Acts, wodurch die Kontor-Community eine fixe Anlaufstelle im Netz bekommen hat. Im November 2012 erreichte der Kanal als einer der ersten deutschen YouTube-Kanäle eine Million Abonnenten. Im Juli 2021 meldete Kontor nunmehr knapp sechs Millionen Abonnenten. Nicht minder erfolgreich ist die im März 2012 lancierte Playlist Kontor.FM beim Streamingdienst Spotify. Sie kommt mittlerweile auf mehr als 780.000 Abonnenten. Und mit den Ablegern wie zum Beispiel Kontor Festival Sounds, Kontor Sports oder Kontor Sunset Chill sind weitere Kontor-Playlisten hinzugekommen. Auch bei anderen digitalen Neuentwicklungen ist Kontor Records immer vorn dabei: So gehörte das Label zu den ersten in Deutschland, das ein NFT (Non Fungible Token) auf den Markt brachte – und zwar vom 2021 erschienenen Scooter-Album „God Save The Rave“.

Jens Thele über die Digitalisierung: „Sie hat und wird das Geschäft weiter verändern. Das, was die Majors als 360-Grad-Vermarktung eine Zeit lang propagiert haben, hatten wir eh in der Praxis schon zumindest bis zu einem gewissen Grad umgesetzt, solange es Kontor gibt. Eine Reaktion darauf ist, dass man zusammen mit den Künstlern auch im Livebereich oder im Publishing eng zusammenarbeitet, um erfolgreich zu sein.“

Mit all diesen Aktivitäten neben der eigentlichen künstlerischen und Vermarktungsarbeit im Label sorgt Kontor Records dafür, dass aus dem Label niemals das wurde, was man in der Dance-Welt einen „Schnelldreher“ nennt, der genau so schnell geht, wie er gekommen ist. Stattdessen ist es Kontor Records auch durch kluge Kooperationen und eine gute Medienpräsenz (von damals „Viva Club Rotation“ bis hin zu den DJ-Sets bei Music Deluxe heute) geglückt, selbst zur Marke werden, was auch in der Rock/Pop-Szene nur wenigen Labels gelungen ist. Die Bindung an Edel, dem einstigen Arbeitgeber von Thele, führte zu dem Anteilsverkauf an Edel. Die noch verbliebenden Anteile teilte sich Jens Thele mit H.P. Baxxter von Scooter, bei denen er -wie bereits erwähnt- auch Gründungsmitglied ist und bis heute als Manager, Co-Producer und Autor fungiert.

Jens Thele über Erfolg: „Man muss den Erfolg wollen. Wir haben uns auf die Kontor-Fahnen geschrieben, dass man das Gaspedal durchtreten muss bis aufs Bodenblech – oder darüber hinaus.“

Diesen Erfolg kann man dann auch an einer wahrlich beeindruckenden Reihe von hunderten Gold- und Platin-Auszeichnungen sowie zwei raren Diamond-Awards ablesen, die für jeweils eine Million Einheiten verliehen werden. Diese seltene Ehre wurde dem belgischen Künstler Lost Frequecies mit „Are You With Me“ (2014) und Stereoact feat. Kerstin Ott mit „Die immer lacht“ (2016) zuteil. Und hinter diesen Zahlen steht neben den offenbar nie versiegenden Geschäftsideen und dem nie abgerissenen Kontakt zur jungen Elektronikszene vor allem auch ein Team, das mit Engagement, Loyalität und vor allem Leidenschaft für das Unternehmen arbeitet. Jens Thele beschwört ihn immer wieder, den Teamgeist. Was bei anderen Firmen eine Floskel sein mag, stimmt bei Kontor Records wirklich. Das sieht man nicht zuletzt daran, dass mit Markus Gardeweg, A&R-Manager bei Kontor sowie als DJ – und Kontor-Künstler – erfolgreich und mit Jan Schwede, General Manager des Labels, zwei prägende Personen seit Stunde Null mit an Bord sind. Und auch der 1999 zu Kontor gestoßene Jan Benkmann, Director Marketing & Social Media, sowie Gareth Davies, Head of International/Publishing, gehören zu den Urgesteinen des Labels. Gleichzeitig hat es Kontor Records immer verstanden, junge Leute als Auszubildende für das Unternehmen zu gewinnen, so dass der Input an frischen Ideen und der Kontakt zur Dance-Basis nie abreißt. So ist es durchaus bemerkenswert, dass seit Firmengründung 36 Auszubildende das Dance-Geschäft von der Pieke auf gelernt haben, von denen viele danach ihren Weg gemacht haben, ob innerhalb oder außerhalb der Kontor-Familie.

Am seit 2004 vierten Standort des Labels in Neumühlen 17 direkt an der Elbe (nach Büros am Bramfelder Dorfplatz 21, Bramfelder Dorfplatz 2A und dem Maimoorweg 44) tummeln sich Stand Juli 2021 insgesamt 32 feste und drei freie Mitarbeiter.

Dieses eingespielte und bewährte Kontor-Team hat sich im Laufe der Jahrzehnte darum gekümmert, dass Newcomer wie auch namhafte Acts den Weg zum Label gefunden haben und dies auch weiterhin tun. Früher oder später, heißt es in der Branche, landen sie alle bei Kontor. Das gilt auch für große internationale Namen wie Tiesto, Armin van Buuren, DJ Antoine oder Lost Frequencies, die, wenn sie nicht direkt bei Kontor Records unter Vertrag stehen oder standen, dann über das internationale Partner- und Lizenznetzwerk zumindest im deutschsprachigen Raum von den Hamburgern vertreten wurden oder werden. „Das Dance-Geschäft ist international“, unterstreicht Thele und verweist auf Labelpartnerschaften unter anderem mit Armada aus den Niederlanden, Magic aus Polen, Central Station aus Australien, Roton aus Rumänien, Do It Yourself aus Italien, All Around the World aus Großbritannien oder Vidisco aus Portugal. Und auch in Deutschland war und ist das Label stets gut vernetzt. Kontor arbeitete etwa eng mit den Labels des 2015 verstorbenen Dance-Pioniers Gottfried Engels zusammen und zeichnet für Gang Go und Tiger Records genau wie für das einflussreiche Techno-Label Low Spirit heute für die Vermarktung des Katalogs verantwortlich.

Vom internationalen Netzwerk profitieren auch die verschiedenen Compilation-Reihen aus dem Hause Kontor – allen voran das Flaggschiff „Kontor Top Of The Clubs“, von dem seit 1998 alle drei Monate eine neue Folge erscheint, vor kurzem ist man bei Volume 90 angekommen. Die Verkaufszahlen der Serie bei physischen CDs und Downloads können sich sehen lassen: über vier Millionen Einheiten sind es seit Einführung von „Kontor Top Of The Clubs“ – und das in Zeiten von fortschreitender Digitalisierung und zurückgehenden CD-Verkaufszahlen im Gesamtmarkt. Denn die kompetent und liebevoll zusammengestellten Titel der Kopplung, die als Doppel-CD anfing und heute drei oder vier Discs bietet, haben sich zu begehrten Sammlerstücken entwickelt, die so mancher Fan komplett in seinem Regal stehen hat. Aber auch beim Streaming ist „Kontor Top Of The Clubs“ längst angekommen. Hier zählt das Label beeindruckende mehr als 60 Millionen Aufrufe bei den verschiedenen Portalen.

In der Serie, die in schöner Regelmäßigkeit vorderste Plätze in den offiziellen Compilation Top 30 von GfK belegt, spiegelt sich auch die Labelphilosophie von Kontor Records wider. Denn neben undergroundigen Elektronik-Clubtracks finden sich hier auch poppige Dance-Nummern oder dancige Pop-Nummern, und auch HipHop-Beats sind schon lange kein Fremdkörper mehr auf „Kontor Top Of The Clubs“. Zudem hat die Reihe zahlreiche Ableger bekommen, die als physische Veröffentlichung wie auch digital von Fans und Sammlern angenommen werden. Dazu gehören etwa „Kontor House Of House“, diverse Reihen für alle erdenklichen Lebenslagen und die bei Kennern besonders geschätzte „Sunset Chill“-Kopplungen, weil hier der Chef persönlich eine Auswahl an edlen Chill-Out-Tracks beisteuert (nicht umsonst legt Jens Thele Wert darauf, dass in seinem Job-Titel neben „Managing Director“ auch „Head Of A&R“ steht …).

Diese Vielfalt im Kopplungsgeschäft erstreckt sich auch für Event-bezogene Compilations: Ob Festivals wie Mayday, Nature One oder Tomorrowland, die dazugehörigen Zusammenstellungen erscheinen alle bei Kontor Records. Auch 2020 sollten natürlich die großen Elektronik-Festivals stattfinden, doch die Corona-Pandemie machte all dies zunichte. Es dauerte aber nicht lange und Kontor Records fand eine Möglichkeit, Dance-Musik trotz der Krise an die Fans zu bringen. Denn am 17. März rief Jens Thele, der sich in den Jahren zuvor auch für die Organisation Musik hilft engagiert hat, den Kontor DJ Delivery Service ins Leben. Seitdem versorgt der mit viel Einsatz betriebene Dienst sieben Tage die Woche die Dance-Fans in aller Welt auch bei geschlossenen Clubs und abgesagten Events mit Live-Sets von bekannten DJs – direkt aus dem Kontor-Headquarter. Für diese Leistung wurde der Kontor DJ Delivery Service mit dem renommierten Gunnar Uldall-Wirtschaftspreis ausgezeichnet. Der Kontor DJ Delivery Service Livestream hat es in den 15 Monaten bei YouTube und Twitch auf mehr als zwölf Millionen Aufrufe gebracht. Mit einer beeindruckenden Wiedergabezeit von über 100.000 Stunden generierte das kostenlose Angebot 75 Millionen Page Impressions, pro Stream wurden dabei mehr als 110.000 Aufrufe erzielt.

Jens Thele über den Kontor DJ Delivery Service: „Es ist allen von uns eine Freude, die Gesichter da draußen zum Lächeln zu bringen. Außerdem haben wir für die Künstler und DJs eine Win-Win-Situation geschaffen, da sie trotz momentaner Schließung der Clubs weiter vor Publikum auftreten können.“

Auch war der Kontor DJ Delivery Service nicht das erste Mal, dass Thele und sein Team Herz gezeigt haben. Das von Kontor initiierte Hilfsprojekt „Dance United“ sammelte mit einer Benefiz-Single, an der unter anderem Scooter und ATB mitwirkten, 60.000 Euro für die Opfer der Flutkatastrophe in Deutschland 2002 ein. Und ein paar Jahre später war es das Projekt „Help! Asia“, bei dem erneut die Stars der deutschen Dance-Szene unter Federführung von Kontor Records 20.000 Euro für die Opfer des Tsunamis von 2004 spendeten.

Und vielleicht zeigen diese Benefiz-Aktionen von den Anfängen des Labels bis hinein ins Jubiläumsjahr 2021 mehr als alle verkauften Tracks, mehr als alle Gold- und Platin-Awards und mehr als alle Geschäftsexpansionen, worum es bei Kontor Records geht: mit Musik aus dem Kontor hinaus in und für die Welt.

Text: Dietmar Schwenger

Hamburg, September 2021

 

 

 

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